Softwarequalität im Lebenszyklus – wie gute Qualität kein Zufall bleibt

13. Mai 2025
Geschrieben von Cegos Integrata Team

Die Softwareentwicklung ist geprägt von vielfältigen, komplexen und iterativen Prozessen. Herausforderungen sind damit vorprogrammiert, denn um am Ende ein überzeugendes Produkt vorweisen zu können, ist vor allem die Qualität ausschlaggebend. Das ist umso relevanter vor dem Hintergrund, dass ca. 60 % der Softwarefehler in frühen Phasen entstehen und erst spät entdeckt werden. Um von vornherein Qualität zu gewährleisten, muss diese also während der Prozesse sichergestellt werden. Doch wo und wie setzt man am besten an?

Der Softwarelebenszyklus – ein Konzept, viele Modelle

Was genau versteht man aber unter dem Softwarelebenszyklus oder auch Software Development Life Cycle, kurz SDLC? Der Softwarelebenszyklus beschreibt den gesamten Prozess der Softwareentwicklung, von der Planung, über die Umsetzung bis hin zur Implementierung, Wartung und Weiterentwicklung. Er ist in der Softwareentwicklung essenziell, um die strukturierte Arbeit in Softwareprojekten sicherzustellen und damit auch die Qualität zu sichern. Für den Softwarelebenszyklus gibt es verschiedene Modelle:

  1. Wasserfall-Modell
    Dieses Modell stellt einen linearen und sequenziellen Ansatz dar. Der Lebenszyklus wird dabei in unterschiedliche Phasen unterteilt: Requirements, Design, Implementierung, Verifikation und Wartung.
  2. Agiles Modell
    Dieser Ansatz unterscheidet sich vom Wasserfall-Modell vor allem durch kleine Projekteinheiten, sogenannte Sprints. Hierzu zählen vor allem Methoden wie Scrum, Kanban und Extreme Programming.
  3. V-Modell
    Das Validierungs- bzw. Verifizierungsmodell stellt eine Erweiterung des Wasserfall-Modells dar, das in jeder Entwicklungsphase mit einer Testphase verbunden ist.
  4. Iteratives Modell
    Der Schwerpunkt liegt bei diesem Modell auf dem schrittweisen Aufbau eines Systems, wobei jede Iteration auf der vorangegangenen basiert.
  5. Spiralförmiges Modell
    Dieses Modell kombiniert die iterative Entwicklung mit Aspekten des Wasserfall-Modells. Dabei umfasst jeder Zyklus die Planung, Risikoanalyse und Bewertung.
  6. Big-Bang-Modell
    Hier wird das gesamte Coding mit minimalem Planungsaufwand umgesetzt und das Softwareprodukt in einem einzigen Prozess integriert und getestet.
  7. RAD-Modell (Rapid Application Development)
    Der Fokus liegt bei diesem Modell auf schnellem Feedback und Rapid Prototyping. Das ermöglicht eine schnelle Entwicklung und Bereitstellung des Softwareprodukts.
  8. Inkrementelles Modell
    Die Software wird schrittweise entworfen, implementiert und getestet, bis das Projekt abgeschlossen ist.



Jedes dieser Modelle bietet dabei verschiedene Vorteile und Herausforderungen und hängt stark von den spezifischen Anforderungen des Projekts ab.

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Die Phasen des Softwarelebenszyklus – Von der Idee zum fertigen Produkt

Auch wenn sich die verschiedenen Modelle des Softwarelebenszyklus in gewissen Aspekten unterscheiden, gibt es bei allen verschiedene Projektphasen. Diese sind im Wesentlichen:

1. Anforderungsanalyse (Requirements Engineering)

Die Anforderungsanalyse ist der erste Schritt im Lebenszyklus. Hier werden die ersten Parameter festgesetzt und dokumentiert, dazu gehören die Anforderungen des Produkts, der Projektzeitplan, die Projektbeteiligten und die Lokalisierung erster Herausforderungen.

2. Design und Architektur

In dieser Phase wird auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Anforderungsanalyse das passende Design und die beste Architektur für das Produkt festgelegt. Hierbei werden ebenfalls die notwendigen Tools und Technologien festgehalten.

3. Entwicklung

In der Entwicklungsphase sind vor allem Frontend-/Backend-Entwickler:innen und UI-/UX-Designer beteiligt, die oft nach agilen Ansätzen arbeiten, um ein erstes MVP (Minimum Viable Product) zu erstellen.

4. Testing und Validierung/ Shift-Left- VS Shift-Right-Testing

Im Testing stellen Solutions-Architects, QA-, DevOps-Engineers oder Tester:innen sicher, dass das Produkt fehlerfrei ist und alle Anforderungen erfüllt. Fehler werden dokumentiert und an die Entwicklerteams weitergegeben. Beim Shift-Left-Testing beginnt das Testen früh im Entwicklungsprozess – etwa während der Anforderungsanalyse oder dem Coding – um Fehler frühzeitig zu erkennen. Shift-Right-Testing erfolgt nach dem Release und prüft das Verhalten der Software im Betrieb, z. B. durch Monitoring, Nutzerfeedback oder A/B-Tests. Beide Ansätze ergänzen sich: Shift-Left sichert die Qualität frühzeitig, Shift-Right stellt Zuverlässigkeit im Echtbetrieb sicher.

5. Deployment und Betrieb

Nachdem alle in der Testing-Phase erfassten Störungen behoben wurden, wird die Software den Benutzer:innen bereitgestellt. In dieser Phase ist es essenziell zu überprüfen, ob das Produkt in der Endumgebung den Anforderungen gemäß funktioniert, oder ob Wartungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Hier sind vor allem DevOps-Engineers und Datenbankadministrator:innen gefragt.



In all diesen Phasen des Softwarelebenszyklus ist es hinsichtlich einer hohen Qualität besonders wichtig, die Usability und die User Experience stets im Blick zu behalten. Vor allem in der Anforderungsanalyse ist es darum essenziell, die Nutzerbedürfnisse zu erfassen und in der Designphase angepasste UX-Designs zu erstellen sowie die Usability zu planen. In der Entwicklungsphase kommt es dann darauf an, eine nutzerfreundliche Umgebung zu schaffen, durch etwa eine klare Navigation und Barrierefreiheit. In der Test- und Deployment-Phase werden Tests mit echten Nutzer:innen durchgeführt und das Feedback ausgewertet und im Anschluss umgesetzt und kontinuierlich optimiert.

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Qualitätskriterien im Softwarelebenszyklus

Um die Qualität im gesamten Softwarelebenszyklus sicherzustellen, gibt es verschiedene Qualitätskriterien, die einen einheitlichen Standard der Softwarequalität festlegen. Dazu gehören unter anderem:

  • ISO/IEC 25010: Ein international anerkannter Standard, der Kriterien und Methoden zur Bewertung der Softwarequalität definiert. Er berücksichtigt Parameter wie Funktionalität, Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit, Effizienz, Wartbarkeit und Portabilität.
  • ISO/IEC 12207: Definiert den Standard und die Anforderungen an Softwarelebenszyklus-Prozesse. ISO/IEC 12207 liefert damit den Rahmen für die Planung, Durchführung und Überwachung der Softwareentwicklung und -wartung. Sie umfasst die Prozessdefinition in der Anforderungsanalyse, das Systemdesign, die Implementierung, das Testen, die Wartung und die übergreifende Dokumentation und Überwachung der einzelnen Prozesse.
  • ISTQB & TMAP: ISTQB ist ein internationaler Standard für Softwaretestwissen, der Testprozesse im Lebenszyklus durch definierte Begriffe und Best Practices strukturiert. TMAP ist eine praxisorientierte Testmethodik, die das Testmanagement im gesamten Softwareentwicklungsprozess unterstützt. Beide ergänzen sich, um die Qualität, Effizienz und Systematik des Testens zu verbessern.
  • DevOps- und Agile-Praktiken: Agile Methoden wie Scrum oder Kanban fördern eine flexible und kundennahe Softwareentwicklung in kurzen, iterativen Zyklen mit kontinuierlichem Feedback. DevOps ergänzt diese, indem die Entwicklung und der Betrieb durch Automatisierung und Zusammenarbeit verbunden werden, um Software schneller und stabiler bereitstellen zu können. Agile sorgt für eine hohe Anpassungsfähigkeit und schnelle Umsetzung, während DevOps eine kontinuierliche Auslieferung und Überwachung ermöglicht. Im Softwarelebenszyklus wird damit eine effiziente, qualitativ hochwertige und reaktionsschnelle Softwareentwicklung erreicht.

Metriken und KPIs – Softwarequalität nach internationalem Standard

Im Softwarelebenszyklus spielen Metriken und KPIs eine wichtige Rolle, um die Qualität der Software sichtbar und greifbar zu machen. Bereits in der Entwicklungsphase helfen Kennzahlen wie Fehlerdichte oder Testabdeckung dabei, die Codequalität im Blick zu behalten. Während der Testphase zeigen Erfolgs- und Fehlererkennungsraten, wie effizient die Tests tatsächlich sind. Bei der Auslieferung geht es darum, wie oft neue Versionen veröffentlicht werden, wie schnell Änderungen umgesetzt werden können - und wie zuverlässig das Ganze funktioniert. Und schließlich liefern Nutzungsdaten, Fehlerquoten oder Zufriedenheitswerte wichtige Hinweise darauf, wie gut die Software im Alltag tatsächlich ankommt. Letztlich geht es nicht darum, möglichst viele Zahlen zu sammeln, sondern die richtigen Metriken gezielt einzusetzen, um echte Verbesserungen zu erzielen.

In der folgenden Tabelle finden Sie die wichtigsten Metriken und KPIs in den jeweiligen Projektphasen noch einmal kompakt im Überblick.

In der folgenden Tabelle finden Sie die wichtigsten Metriken und KPIs in den jeweiligen Projektphasen noch einmal kompakt im Überblick.
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Best Practices – höchste Softwarequalität im Lebenszyklus

Wie auch in anderen Bereichen haben sich im Laufe der Entwicklung von Softwareprodukten bestimmte Best Practices bewährt, die in den verschiedenen Projektphasen zu optimierten Ergebnissen führen und dabei unterstützen, eine hohe Qualität zu sichern:

Anforderungsphase

  • Vor allem zu Beginn des Softwarelebenszyklus ist es wichtig, Anforderungen SMART zu definieren – Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminiert. Zudem sollten Stakeholder unbedingt rechtzeitig und über den Prozess hinweg involviert sein, das vermeidet Missverständnisse.
  • Nutzen Sie die Versionierung von Anforderungsdokumentationen zur Nachvollziehbarkeit und definieren Sie Use Cases.

Designphase

  • Setzen Sie auf Reviews, um Fehler früh erkennen zu können und nutzen Sie Clean-Code-Prinzipien wie KISS (Keep It Simple Stupid) oder DRY (Don’t Repeat Yourself), um Transparenz herzustellen.
  • Setzen Sie Designmuster gezielt ein, um die Flexibilität zu erhöhen und führen Sie Architekturbewertungen beispielsweise mit ATAMdurch.

Implementierungsphase

  • Coding Standards wie z. B. Clean Code fördern die Lesbarkeit und Prinzipien wie Pair Programming stärken die Zusammenarbeit und reduzieren potenzielle Fehlerquellen.
  • Nutzen Sie unterstützende Tools wie SonarQube, ESLint oder FindBugs für die statische Analyse und führen Sie Unit Tests durch, um die Funktionen des Codes kontinuierlich zu überwachen und zu dokumentieren.
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Testphase

  • Führen Sie bei jedem Release Regressionstests durch und schaffen Sie ein strukturiertes Testdatenmanagement, das realistische und kontrollierte Testbedingungen ermöglicht
  • Setzen Sie auf Testautomatisierung und messen und bewerten Sie die Qualität der Tests.

Deployment und Betrieb

  • Kontinuierliches Monitoring und Logging ermöglichen es Ihnen, schnell Fehler beim Betrieb der Software zu erkennen. Feedback-Schleifen können dabei unterstützen, Nutzerfeedback kontinuierlich zu analysieren und einzuarbeiten.

Künstliche Intelligenz und Predictive Quality im Softwarelebenszyklus – was bringt die Zukunft?

Künstliche Intelligenz ist aus fast keinem Unternehmensbereich mehr wegzudenken und auch im Softwarelebenszyklus kann sie dabei helfen, einen proaktiven, datengestützten und damit qualitativ wertvollen Ansatz zu verfolgen. Der versierte Einsatz Künstlicher Intelligenz während verschiedener Projektphasen kann dazu beitragen, Prozesse zu beschleunigen und langfristig zu optimieren.

Der versierte Einsatz Künstlicher Intelligenz während verschiedener Projektphasen kann dazu beitragen, Prozesse zu beschleunigen und langfristig zu optimieren.
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Automatisierte Fehlererkennung

Verschiedene KI-Modelle wie GitHub Copilot oder DeepCode können potenzielle Bugs oder Sicherheitslücken frühzeitig erkennen. GitHub Copilot liefert dabei Alternativen für fehlerhafte Codes oder Vorschläge für Codevervollständigungen. Hier spielt vor allem NLP (Natural Language Processing) eine wichtige Rolle, da es die Brücke zwischen menschlichem Input und maschineller Umsetzung schlägt.

Testautomatisierung und Testfallgenerierung

Die automatische Testfallgenerierung trägt wesentlich zur Prozessoptimierung und effizienter Ressourcennutzung bei. Hierbei werden verschiedene Tools zur automatischen Generierung von Testfällen auf Grundlage von spezifischen Anforderungen oder Nutzerverhalten eingesetzt.

Refactoring

Im Softwarelebenszyklus ist Refactoring unverzichtbar. Refactoring bezeichnet hierbei die strukturelle Optimierung des Codes, um eine solide Basis zu schaffen. Das verbessert nicht nur die Lesbarkeit des Codes, sondern fördert auch die Wartbarkeit und die Wiederverwendbarkeit des Codes in anderen Projekten. Damit trägt Refactoring dazu bei, den Code über den gesamten Softwarelebenszyklus hinweg effizient weiterentwickeln zu können. Hier können zur Codeanalyse Tools wie SonarQube genutzt werden.

Predictive Quality

Vor allem im Hinblick auf Künstliche Intelligenz zur Qualitätssicherung im Softwarelebenszyklus wird Predictive Quality eine zunehmend größere Rolle spielen, da hierbei mithilfe von Datenanalysen und Künstlicher Intelligenz potenzielle Qualitätsprobleme erkannt werden, bevor sie auftreten.

Predictive Quality verfolgt damit einen proaktiven Ansatz, der sich vor allem auf Fehlerhistorien, Testmetriken und Nutzerfeedback stützt. Zum Einsatz können unter anderem Machine-Learning-Algorithmen kommen, die Muster analysieren und darauf basierende Vorhersagen erstellen.
Damit ergeben sich viele Vorteile, da zum einen Ressourcen gezielter und effizienter eingesetzt werden können, zum anderen aber auch potenzielle Fehlerquellen frühzeitig erkannt werden können. Das verbessert nicht nur die eigene Release-Stabilität, sondern erhöht auch die Nutzerzufriedenheit.

Fazit

Die Qualität im Softwarelebenszyklus ist ein entscheidender Faktor in der Softwareentwicklung für den langfristigen Erfolg eines Projekts. Die Qualitätssicherung ist kein einmaliger Prozess in einer bestimmten Phase des Projekts, sondern vielmehr ein iterativer Prozess, der sich über alle Phasen des Projekts erstreckt. Angefangen bei der Auswahl des geeigneten Modells über die Anwendung verschiedener standardisierter Qualitätskriterien bis hin zum kontinuierlichen Monitoring verschiedener Metriken und KPIs sind wesentliche Schritte für eine nachhaltige und optimierte Qualitätssicherung im Software-Lebenszyklus. Mithilfe verschiedener Tools und Methoden sowie dem versierten Einsatz unterschiedlicher KI-Anwendungen unter Berücksichtigung von Best Practices können nicht nur einzelne Prozesse automatisiert und optimiert, sondern auch die Softwarequalität in jeder Phase nachhaltig und effektiv überwacht und sichergestellt werden.

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